Mittwoch, 27. Juli 2011

St. Oberholz im 3. Stock

Eigentlich hatte ich mein Büro – das Produktionsbüro oder bei den KollegInnen besser bekannt als das „Wellness-Büro“ - schon Mitte Juni geräumt. Bürocomputer und Aktenorder wurden in Kartons gepackt. Gefundene alte Duschvorhänge dienten als staubschützender Überwurf für die hinterlassenen Möbel. Die wellness-ausströmenden Büropflanzen fanden ein Sommerdomizil in der Küche des Bloggers, der wiederum im leeren Büro stehend, sich bekreuzigte ;-), ein "Adé" in den Raum raunte und die Tür zuschloss. Abschluss.
 
Eigentlich ging ich davon aus, dass laut Bauplan ein Tag später mit dem Abriss der Trennmauer begonnen werden sollte, die bisher das Produktionsbüro und das Büro des Tanztage-Festivals voneinander trennt. Zum Herbst soll ein Büroraum in neuer größerer Pracht geschaffen werden, der den FestivalorganisatorInnen des Tanztage- und des Freischwimmerfestivals eine neue Wirkungsstätte eröffnen soll.
 
Fotocollage © Marc Pohl
 
Uneigentlich führt mich derzeitig mein Arbeitsweg in das Radialsystem, um genauer zu sagen, in das gleich benachbarte Gästehaus. Hier haben ein Teil der Büros der sophiensæle für die Zeit des Umbaus Unterschlupf gefunden. Das Produktionsbüro ist nun ein „Zimmer mit Ausblick“ geworden. Ein Zimmer mit Speeblick. Der Blick geht vom Slogan „Würde hat ihren Wert, Arbeit hat ihren Preis – Gesetzlicher Mindestlohn“ des Verdi-Gewerkschaftsgebäudes nach rechts über ein noch unbebautes Stück Brachland am Spreeufer, auf dem Hunde tollen und sich Jugendliche in Militärstiefeln sonnen. Plötzlich springt der Blick dann auf die „Spree-Athen“, ein vorbeifahrendes Ausflugsschiff und erfasst eine Polizeirazzia, bei der die noch zuvor sich sonnenden Jugendlichen, nach Drogen durchsucht werden. Nicht unbedingt der schlechteste Baustellen-Ausweich-Arbeitsplatz-Ausblick.

Eigenartig war mir zu Mute als ich nach ein paar Tagen in die sophiensæle kam, um ein paar Aktenordner zu holen – die Tür des noch zuvor verschlossenen Produktionsbüros stand sperrangelweit offen und im Büro saß sie zusammengerückt, dicht an dicht: die digitale Bohemé der sophiensæle! Sechs KollegInnen aus der künstlerischen Leitung, dem künstlerischen Betriebsbüro, Presse/Kommunikation und Technik saßen an erneut aufgebauten Computern und Laptops in St. Oberholz-Manier nebeneinander und klapperten in trauter Einigkeit auf ihren Tastaturen. Eine Folge des Umbaus bzw. des  sich verzögernden Umbaus – die Mauer des Produktionsbüros wurde nicht planmäßig eingerissen und der Server der Sophiensæle wurde in einen anderen Raum verlegt, danach war es in mehreren Büros nicht mehr möglich ins Netz zu kommen – bis auf das Produktionsbüro - Wellness sei dank. Neuanfang.
Marc Pohl

Dienstag, 26. Juli 2011

Tada!

Nun hat unsere Baustelle auch das obligatorische Bauschild!

Freitag, 22. Juli 2011

Freitag, 15. Juli 2011

Zeit für ein paar Fakten

Foto © Anna Meschiari
Der Festsaal hat sich mittlerweile in ein Paradies für Fakire entwickelt. Nachdem die dritte Holzschicht vom Boden abgetragen wurde, staken nun unendlich viele Nägel in die Höhe. Kleine Pfade aus Pressholzplatten lotsen den Weg durch das Stolperfeld. Die ehemals zugemauerte Galerie wurde wieder frei gelegt und die Einbauten vor der KünstlerInnengarderobe wurden abgerissen. In der Garderobe selbst fielen auch noch einige Wände. Nun ist der ursprüngliche Grundriss dieser Räume wieder hergestellt, der im Laufe des 20. Jahrhunderts stetig verändert wurde. Über 150 Kubikmeter Bauschutt wurden bisher aus den Sälen getragen. Einen großen Anteil daran haben die Abrissarbeiten im hinteren Teil des Flügels, in dem sich das Foyer befindet. Platz gemacht wird dort für den neuen Fahrstuhl, der die sophienæle barrierefrei machen wird. In mühevoller Handarbeit graben die Bauarbeiter im Keller in den Märkischen Sand hinein, um den benötigten Platz zu schaffen. Schritt für Schritt müssen sie den Boden unterfangen, wie man im Fachjargon sagt, gemeint ist damit das Mauern einer Stabilisierung, die vor bösen Überraschungen schützt. Ein kleiner Lastenaufzug mit Unterfahrt bringt den Sand in das Erdgeschoss, von wo er dann mit Schubkarren nach draußen gebracht wird. Das Tempo der Bauarbeiten zieht deutlich an und schon bald gesellen sich zu den Abrissarbeiten auch schon erste Aufbauarbeiten!

Mittwoch, 13. Juli 2011

Und es wurde Licht!

Foto Festsaal © Lena Tropschug
Foto Festsaal © Lena Tropschug
 

Seit dem Beginn des Umbaus durchflutet Tageslicht die ehemals dunklen Säle und das Foyer der sophiensaele. Etliche Nischen, die jahrelang durch die Dunkelheit und den Arbeitsalltag verdeckt wurden, treten nun in den Vordergrund. Die stuckverzierte Decke im Festsaal fällt durch den Lichteinfall besonders auf. An den Seiten schimmert die goldene Farbe eben und unversehrt während in der Mitte des Saals viele kleine und große Löcher den Putz und die Steine freigelegen. Höchstwahrscheinlich sind dies Einschusslöcher aus dem zweiten Weltkrieg, allerdings ist unklar aus welchem Grund es zu einer Schießerei im Festsaal kam. Eine der vielen Fragen, die das Gebäude birgt und es so geheimnisvoll macht. Gerade in diesen Tagen, an denen die Sonne durch Fenster und Türen scheint und Staubwolken in der Luft liegen, wirken die Treppenhäuser, Säle und das Foyer als ob sie aus einem langen Schlaf erwachen und ihren wahren Charakter präsentieren. Alt und erhaben, mit Erlebnissen und Weisheiten gefüllt! Die Geschichten der Künstlerinnen und Künstler, die in den Sälen performt, getanzt und gesungen haben, sind vorerst nebensächlich. Jetzt erzählen die sophiensaele ihre Geschichte und wenn wir genau beobachten und hinhören, fangen wir vielleicht an etwas mehr von ihr zu erfahren.

Marie Witte

Freitag, 8. Juli 2011

Donnerstag, 7. Juli 2011

Wer träumt die sophiensæle?

Foto © Markus Heine
In meinen Träumen laufe ich oft durch ein großes Gebäude, das an eine alte Schule erinnert. Lange Flure und endlose Treppenhäuser. Mein abgegriffenes Handbuch der Traumsymbolik (Goldmann-Verlag), das ich 1990 im Gartenhäuschen meiner Großeltern gefunden habe, sagt mir, dass Häuser im Traum für das eigene Selbst stehen, der Keller beispielsweise für das Unbewusste. Na ja. Dasselbe Buch hat mir empfohlen dringend zur Psychotherapie zu gehen, als ich mit 9 Jahren von Bomben auf dem Spielplatz geträumt habe (und eigentlich nur heimlich einen zu aufregenden Krimi im Fernsehen gesehen hatte). Bleibe ich bei der Annahme, das Traum-Haus würde für das Selbst des Träumenden stehen, stellt sich die Frage: Wer träumt die sophiensaele? 

Foto Festsaal © Markus Heine
Momentan sind alle Flure und Treppenhäuser von einer mehr oder minder feinen Schicht Baustaub bedeckt. Sherlock Holmes hätte seine Freude daran, hier auf Fußspurensuche zu gehen. Im Festsaal wird die Galerie auf allen Seiten geöffnet, die Werkstatt ist schon abgerissen. Der aufgerissene Boden wirkt zudem wie die perfekte Theaterkulisse. Das Foyer ist größer, nach hinten offen und wenn man nicht aufpasst, könnte man in den ausgehobenen Schacht für den neuen Fahrstuhl fallen. Was würde das Handbuch wohl zu so einem Traummoment sagen? Gleichzeitig ist das Haus Ort größter Kontraste. Profane Baustelle inklusive Schenkelklopferhumor, Bauschutt und lautem Gehämmer bei Tag. Beinahe verzaubert, eine abenteuerliche Filmkulisse für den nächsten nostalgischen Fantasystreifen in abendlicher Ruhe. Das alles zusammen ergäbe ein interessantes TräumerInnen-Selbst. Der Keller ein vollgestelltes Lager mit Dingen, die normalerweise in den oberen Etagen des Hauses zu finden sind. Die sophiensaele-Büros halbverlassen und ausgeräumt, die MitarbeiterInnen als NomadInnen, die von Schreibtisch zu Schreibtisch wandern. Knisternde Plastikvorhänge die über Bücherregalen hängen. Wo mal Toiletten waren und Gänge, fällt man in die nächste oder übernächste Etage. Der Festsaal entkleidet. Das Foyer eine lichtdurchflutete Schutthalde. Der Hochzeitssaal leer und in Erwartung auf bessere Zeiten. Und im Hof das Baugerüst und ein Container, der für die Massen an Schutt, die permanent die Halde herunter gerollt werden, eigentlich viel zu klein ist. Das Handbuch der Traumsymbolik würde bestimmt sagen, dass der/die sophiensaele-Träumende sich in einer Phase des Umbruchs befände, in stürmischen Zeiten, die Verborgenes zu Tage bringen. Dass jeder Tag ein Auf und Ab der Stimmungen sei und man schnell mal verloren gehen kann. Dass der/die Träumende gut auf sich achten soll, aber auch seiner Substanz vertrauen kann. Dass unnütze Gewohnheiten und unschöne Eigenarten abgelegt werden. Dass nach der staubigen Talsohle, die zunächst erreicht werden muss, glanzvolle Zeiten kommen. Keine schlechten Analyse-Aussichten.
Christiane Kretschmer
 
Foto Foyer © Markus Heine 
Foto Foyer © Markus Heine