Dienstag, 22. November 2011

Mini-Survival-Guide: Überleben auf der Baustelle

Kabeldschungel werden oft unterschätzt
Plötzlich auf der Baustelle, fernab der gewohnten Arbeitsverhältnisse - wer hat davon nicht auch schon geträumt? Worauf Sie bei einem solchen Abenteuer-Trip achten sollten, zeigt unser Survival-Guide.
Wenn es auf einer Theater-Baustelle wirklich einmal hart auf hart kommt, muss jeder Handgriff sitzen, müssen die Grundbedürfnisse nach einem halbwegs möglichen Spiel- und Probenbetrieb, Büro-Obdach oder Wasser und Toiletten gedeckt werden. Dabei spielen die Gegebenheiten vor Ort eine entscheidende Rolle - ebenso die Orientierung mithilfe von Erinnerung, Instinkt, Telefon und Nachfragen oder die Fähigkeit potentielle Gefahrensituationen schnellstmöglich zu erkennen und sich in hygienisch nicht immer einfachen Verhältnissen einzurichten. Auch die richtige Ausrüstung kann auf der Baustelle über Leben und Tod entscheiden. Hier einige nützliche Tipps für das große Abenteuer.

 

 

Alltägliche Verzweiflung

Wasser und Sanitär

Sauberes Wasser und ausreichende Toiletten sind nicht überall selbstverständlich. In Räumen mit vorübergehend abgestelltem Trinkwasser, sollte man sich einen transportierbaren Vorrat an solchem sichern. Sollte es eingeschränkte Toilettennutzungsmöglichkeiten geben, empfiehlt sich ein an die Mittagspause und etwaige Außentermine angepasstes Trinkverhalten. Gäste des Hauses sollten dies für einen Besuch ebenfalls in Erwägung ziehen.  

Orientierung

Verlaufen auf der Baustelle geht schnell. Manchmal reicht eine Abkürzung querfeldein, und schon steht man planlos im Gelände. Doch die Orientierung klappt im Ernstfall auch ohne GPS-Gerät. Für Menschen, die das Haus bereits vor der Sanierung kannten, empfiehlt sich eine Orientierung an unveränderlichen Details des Gebäudes, wie Treppenhäusern oder Etagenanzahl. Für den Publikumsbetrieb sollten eigens angebrachte Schilder ein gefährliches Umherirren auf Baustellensperrzonen verhindern. 

Ausrüstung
MitarbeiterInnen und BesucherInnen des Hauses sollten sich über die Auswirkungen einer Baustelle  auf Kleidung und Accessoires bewusst sein. Besondere Vorsicht sollte man auf das Schuhwerk legen. Von offenen und übermäßig beabsatzten soll an dieser Stelle abgeraten werden. Allgemein hinterlässt vor allem der Baustaub deutliche Spuren und kann durch die erschwerten Trinkwasserhältnisse vor Ort auch nur ungenügend beseitigt werden. Greifen sie also lieber auf die Modelle der vorletzten Saison zurück.
Unbedingt sollte man daran denken, eine Taschenlampe, oder ein ähnliches Lichtutensil bei sich zu führen um auch unter erschwerten Sichtverhältnissen den Absturz in zuvor nicht dagewesene Bodenöffnungen zu verhindern.

Ain't no office wild enough
Arbeitsplatz
Büro-Arbeitsbedingungen auf der Baustelle erfordern vor allem Flexibilität und ein eher stoisches Temperament. Fähigkeiten wie schnelles Reaktionsvermögen, Konzentrationsfähigkeit trotz Baulärm, Unerschrockenheit gegenüber rieselndem Putz auf den Arbeitsplatz und umsichtiges Bewegungsverhalten lassen sich hier vorzüglich trainieren. Für wichtige Treffen zur Besprechung von sensiblen Themenkomplexen empfiehlt es sich, umliegende Gaststättenlokalitäten aufzusuchen (dies lässt sich wiederum vorzüglich mit einem Toilettenbesuch verbinden).

Abschließend lässt sich das Survival-Abenteuer Baustelle allen empfehlen, die ein Arbeitsverhältnis abseits üblicher Büroverhältnisse suchen und an sich täglich verändernden Gebäudeverhältnissen interessiert sind. Nutzen sie die Chance auf eines der letzten echten Abenteuer unserer Zeit!   

Inspiriert von Überleben in der Wildnis auf: http://www.outdoor-magazin.com 

Christiane Kretschmer

Freitag, 11. November 2011

Überlagerte Schichten


Andreas Greiner/ArminKeplinger

Es knistert in der Ecke. Alle 30 Sekunden tropft Wasser – und verdampft sofort wieder. In einem unscheinbaren Betonquader mit verspiegelter Oberfläche, versteckt sich eine Herdplatte, die das tropfende Wasser sofort in eine andere Form zwingt. Am Rand des Spiegels haben ein paar feuchte Wassertropfen überlebt – oder ist es doch ein verschütteter Sekt zur Vernissage? Letzte Woche hat die Ausstellung „Presence in Layers“ in den Sophiensælen eröffnet. Acht KünstlerInnen aus Berlin haben dafür in der Geschichte des Hauses gegraben und sind nun mit den Ergebnissen ihrer Arbeit im Virchowsaal wieder aufgetaucht.

David Kroell hat ein Fragment des Deckenstucks mit Klebstoff auf den Boden übertragen.
Der Schmutz von den Schuhen der BesucherInnen bringt den Stuck zum wachsen.

Mit Beginn des Umbaus der Sophiensæle hatte sich im Frühjahr ein KuratorInnenteam gebildet, das von der Offenlegung der verschiedenen Gebäudeschichten vollkommen fasziniert war. Der Denkmalschutz legte Farbschichten frei, die noch aus der Zeit stammten, als Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht im Virchowsaal sprachen. Die Geschichte des Ortes kroch förmlich aus allen seinen Poren. Die Idee einer Ausstellung entstand und die KünstlerInnensuche konnte beginnen: „Bei der Auswahl der KünstlerInnen gingen wir danach, ob wir deren Arbeitsweise mochten und dachten: Wenn diese Leute Lust hätten, sich mit dem Ort auseinander zusetzen, könnte ein sehr interessantes Ergebnis heraus kommen,“ berichtet Pia Bruer, eine der KuratorInnen.

Die Künstlerin Laura McLardy ist etwa den Stucklinien im Haus gefolgt – manche sind einfach unterbrochen, über manche wurde eine zweite Decke gezogen und manche verschwinden ins Nirgendwo. Hier steht eine Kulisse, die an einem Stuckverlauf ansetzt und ihn dann vertikal in Richtung Boden auf einem Papierschal fortsetzt. Während das Papier erst die Form des Stucks annimmt, wird es am Ende wieder glatt und von der vorherigen Form ist nichts mehr sichtbar. Laura McLardy ist Schülerin von 
Olafur Eliasson – wie auch Andreas Greiner. Zusammen mit Armin Keplinger hat er die Verwandlung des Wassers auf der knisternden Herdplatte in Beton umgesetzt.
"SETI" Felix Kiessling

So spielen alle Ausstellungsstücke im Raum mit der Wandelbarkeit von Stoffen, Situationen, Schichten. Wo wir stehen, steht noch eine unendliche Geschichte neben uns. Wo wir gehen, hinterlassen wir Spuren. Was wir gestalten, verformt etwas anderes. Doch die Ausstellung bietet auch einen Unterschlupf für so viel Gleichzeitigkeit. SETI von Felix Kiessling ist laut Pia Bruer eine Negation der Suche nach Spuren: „Man tritt ein, es ist schwarz und komplett still und man ist abgeschirmt von der Geschichte.“ Selbst das Knistern der Herdplatte ist hier nicht zu hören. Im ständigen Transformationsprozess des Hauses ist also: Stille. 

Katrin Gottschalk


Zu sehen ist die Ausstellung noch am 11./12./16./17./18. November jeweils von 15 bis 20 Uhr. Gezeigt werden Arbeiten von Anton Burdakov, Andreas Greiner/ Armin Keplinger, Johanna Jaeger, Felix Kiessling, David Kroell, Laura McLardy und Philipp Wimmen.

Konzeption, Kuration, Umsetzung: Pia Bruer, Tina Gebler, Thomas Gottschalk, Julia Müller, Lukas Töpfer