Freitag, 11. November 2011

Überlagerte Schichten


Andreas Greiner/ArminKeplinger

Es knistert in der Ecke. Alle 30 Sekunden tropft Wasser – und verdampft sofort wieder. In einem unscheinbaren Betonquader mit verspiegelter Oberfläche, versteckt sich eine Herdplatte, die das tropfende Wasser sofort in eine andere Form zwingt. Am Rand des Spiegels haben ein paar feuchte Wassertropfen überlebt – oder ist es doch ein verschütteter Sekt zur Vernissage? Letzte Woche hat die Ausstellung „Presence in Layers“ in den Sophiensælen eröffnet. Acht KünstlerInnen aus Berlin haben dafür in der Geschichte des Hauses gegraben und sind nun mit den Ergebnissen ihrer Arbeit im Virchowsaal wieder aufgetaucht.

David Kroell hat ein Fragment des Deckenstucks mit Klebstoff auf den Boden übertragen.
Der Schmutz von den Schuhen der BesucherInnen bringt den Stuck zum wachsen.

Mit Beginn des Umbaus der Sophiensæle hatte sich im Frühjahr ein KuratorInnenteam gebildet, das von der Offenlegung der verschiedenen Gebäudeschichten vollkommen fasziniert war. Der Denkmalschutz legte Farbschichten frei, die noch aus der Zeit stammten, als Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht im Virchowsaal sprachen. Die Geschichte des Ortes kroch förmlich aus allen seinen Poren. Die Idee einer Ausstellung entstand und die KünstlerInnensuche konnte beginnen: „Bei der Auswahl der KünstlerInnen gingen wir danach, ob wir deren Arbeitsweise mochten und dachten: Wenn diese Leute Lust hätten, sich mit dem Ort auseinander zusetzen, könnte ein sehr interessantes Ergebnis heraus kommen,“ berichtet Pia Bruer, eine der KuratorInnen.

Die Künstlerin Laura McLardy ist etwa den Stucklinien im Haus gefolgt – manche sind einfach unterbrochen, über manche wurde eine zweite Decke gezogen und manche verschwinden ins Nirgendwo. Hier steht eine Kulisse, die an einem Stuckverlauf ansetzt und ihn dann vertikal in Richtung Boden auf einem Papierschal fortsetzt. Während das Papier erst die Form des Stucks annimmt, wird es am Ende wieder glatt und von der vorherigen Form ist nichts mehr sichtbar. Laura McLardy ist Schülerin von 
Olafur Eliasson – wie auch Andreas Greiner. Zusammen mit Armin Keplinger hat er die Verwandlung des Wassers auf der knisternden Herdplatte in Beton umgesetzt.
"SETI" Felix Kiessling

So spielen alle Ausstellungsstücke im Raum mit der Wandelbarkeit von Stoffen, Situationen, Schichten. Wo wir stehen, steht noch eine unendliche Geschichte neben uns. Wo wir gehen, hinterlassen wir Spuren. Was wir gestalten, verformt etwas anderes. Doch die Ausstellung bietet auch einen Unterschlupf für so viel Gleichzeitigkeit. SETI von Felix Kiessling ist laut Pia Bruer eine Negation der Suche nach Spuren: „Man tritt ein, es ist schwarz und komplett still und man ist abgeschirmt von der Geschichte.“ Selbst das Knistern der Herdplatte ist hier nicht zu hören. Im ständigen Transformationsprozess des Hauses ist also: Stille. 

Katrin Gottschalk


Zu sehen ist die Ausstellung noch am 11./12./16./17./18. November jeweils von 15 bis 20 Uhr. Gezeigt werden Arbeiten von Anton Burdakov, Andreas Greiner/ Armin Keplinger, Johanna Jaeger, Felix Kiessling, David Kroell, Laura McLardy und Philipp Wimmen.

Konzeption, Kuration, Umsetzung: Pia Bruer, Tina Gebler, Thomas Gottschalk, Julia Müller, Lukas Töpfer

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