Mittwoch, 29. Juni 2011

Kreaturen der Baustelle

Die bauvorbereitenden Maßnahmen im ersten Stock schreiten voran und der Festsaal erinnert an ein Schlachtfeld oder ein sehr bizarres Bühnenbild. Das alte Eichenparkett wird Stück für Stück vom Boden abgetragen und an verschieden Stellen aufgehäuft. Auch im Foyer werden die unterschiedlichen Materialien gesammelt und gestapelt, so dass eigenartige Skulpturen und Kreaturen entstehen. Zum Beispiel wuchert ein Isolierungswollmonster direkt neben einem etwas niedergeschlagenen „Nummer 5“, der so gar nicht lebt.

In den nächsten Tagen fallen weitere Wände im Festsaal!






Fotos © Sophie Schäfer

Montag, 27. Juni 2011

Das gibt’s net!

Die sophiensæle bauen um und es kommt Licht an versteckte Schätze. Im Hof der Sæle offenbart sich gleich ein besonders schönes Relikt: ein altes Klavier der Marke Julius Hansen. Zuvor stand es in einer versteckten Ecke der Garage des Theaters. So versteckt, dass sich im hinteren Teil des Klaviers auch ein paar Nagetiere eingenistet hatten und es jetzt weggeworfen werden muss. Vorher steht es aber noch ein wenig im Hof rum und lockt den einen oder anderen Nachbarn an.

So trug es sich zu, dass ein unbekannter Nachbar X anfing, das Klavier Stück für Stück abzubauen. Taste für Taste, bis es ganz in seinem Wohnzimmer sein würde. Doch es fiel ihm auf, dass ihm manche Einzelteile fehlten. Also sprach er das Team der sophiensæle auf diesen Mangel an. Es stellte sich heraus, dass ein weiterer Nachbar Y das gleiche Vorhaben hatte. Und ich glaube, wenn sie nicht gestorben sind, dann sammeln sie noch weiter fleißig um die Wette.

Ein weiteres klingendes Fundstück tritt im Foyer des Festsaals zutage. Zwischen Bauschutt, alten Türrahmen und herausgerissenem Parkettboden findet sich versteckt zwischen den Holzbrettern eine eingestaubte Schallplattenhülle. Sie scheint wie vom Bauhimmel gefallen zu sein. Ihr Inhalt verspricht Musik von Ludwigs Hirsch. Ein Name wie Silberglanz, doch gehört habe ich ihn noch nie. Auf seiner Internetseite steht, er sei „einer der erfolgreichsten deutschsprachigen Liederschreiber“. Interessant ist das. Er ist Österreicher und sein musikalisches Vermächtnis an die sophiensæle heißt „Komm großer schwarzer Vogel“.

Hier sind die Vögel ausgeflogen. Einzelne Touristen verirren sich in den Hof und werden vom lauten Poltern des Bauschutts verschreckt. Ein kleiner Staubschleier legt sich über den Hof, aber es blitzt eine Palme in blau-pink darunter hervor. Wo bis vor Kurzem noch die Kasse war, kleben die sommerbunten Plakate für das Performancefestival der sophiensæle: „Berlin del Mar“. Am Alexanderplatz wird noch bis zum 3. Juli einer gewissen Ballermannstimmung gefrönt. Niemand geringeres als der neu kennen gelernte Ludwig Hirsch bietet dafür die passenden Abschlussworte: „Ich werd’ singen, ich werd’ lachen, ich werd’ ‚das gibt’s net’ schrei’n.“

Katrin Gottschalk

Mittwoch, 22. Juni 2011

Fotos © Markus Ulrich
Nach all den Unsicherheiten und dem gespannten Warten ist es nun endlich soweit: Die Bauarbeiten in den sophiensælen haben begonnen. In tagelanger Arbeit haben die Techniker das Gebäude leer geräumt, bis letzte Woche dann auch das restliche Team seine Büros zusammen packen musste. Nun fallen bereits erste Wände. Die – im wahrsten Sinne des Wortes – Rohbaumaßnahmen begannen im Foyer im ersten Stock, in dem der frühere Barbereich und die Küche dahinter abgerissen wurden. Ich war überrascht: Während mich als ehemaligen Barkeeper der Anblick meines leer geräumten, alten Arbeitsplatzes sentimental stimmte, war ich von dessen Abriss absolut begeistert. Das Foyer ist durch die Wiederherstellung des alten Grundrisses schon jetzt zu einem deutlich schöneren Raum geworden. Der Stuck an der Decke wird nicht mehr unterbrochen, das frühere Küchenfenster bringt mehr Licht in den gesamten Saal und lässt Details wie die vorher auf dem Weg zu den Toiletten versteckte Säule besser zur Geltung kommen.

Gestern zogen die Rohbauer weiter in den Festsaal und begannen die Bodenplatten heraus zu reißen. Darunter kam das hoffnungslos marode Eichenparkett zum Vorschein, das leider gleich mit weichen muss. Das persönliche Highlight unserer Geschäftsführerin waren jedoch die Hammerschläge, die das erste Loch in die Mauer auf der Galerie schlugen. Das Gebäude der heutigen sophiensæle wurde zwischen 1940 und 1995 hauptsächlich gewerblich genutzt und wiederholt den jeweiligen Ansprüchen angepasst. Als etwa das Maxim-Gorki-Theater seine Werkstätten zu DDR-Zeiten in den sophiensælen hatte, wurde ein Teil der Galerie des Festsaals für die Einrichtung einer Kantine zugemauert. Diese nachträglich eingebauten Mauern fallen dieser Tage und in den Sälen wird es wieder Licht. Oder etwas undramatischer formuliert: Es wird heller.