Montag, 27. Juni 2011

Das gibt’s net!

Die sophiensæle bauen um und es kommt Licht an versteckte Schätze. Im Hof der Sæle offenbart sich gleich ein besonders schönes Relikt: ein altes Klavier der Marke Julius Hansen. Zuvor stand es in einer versteckten Ecke der Garage des Theaters. So versteckt, dass sich im hinteren Teil des Klaviers auch ein paar Nagetiere eingenistet hatten und es jetzt weggeworfen werden muss. Vorher steht es aber noch ein wenig im Hof rum und lockt den einen oder anderen Nachbarn an.

So trug es sich zu, dass ein unbekannter Nachbar X anfing, das Klavier Stück für Stück abzubauen. Taste für Taste, bis es ganz in seinem Wohnzimmer sein würde. Doch es fiel ihm auf, dass ihm manche Einzelteile fehlten. Also sprach er das Team der sophiensæle auf diesen Mangel an. Es stellte sich heraus, dass ein weiterer Nachbar Y das gleiche Vorhaben hatte. Und ich glaube, wenn sie nicht gestorben sind, dann sammeln sie noch weiter fleißig um die Wette.

Ein weiteres klingendes Fundstück tritt im Foyer des Festsaals zutage. Zwischen Bauschutt, alten Türrahmen und herausgerissenem Parkettboden findet sich versteckt zwischen den Holzbrettern eine eingestaubte Schallplattenhülle. Sie scheint wie vom Bauhimmel gefallen zu sein. Ihr Inhalt verspricht Musik von Ludwigs Hirsch. Ein Name wie Silberglanz, doch gehört habe ich ihn noch nie. Auf seiner Internetseite steht, er sei „einer der erfolgreichsten deutschsprachigen Liederschreiber“. Interessant ist das. Er ist Österreicher und sein musikalisches Vermächtnis an die sophiensæle heißt „Komm großer schwarzer Vogel“.

Hier sind die Vögel ausgeflogen. Einzelne Touristen verirren sich in den Hof und werden vom lauten Poltern des Bauschutts verschreckt. Ein kleiner Staubschleier legt sich über den Hof, aber es blitzt eine Palme in blau-pink darunter hervor. Wo bis vor Kurzem noch die Kasse war, kleben die sommerbunten Plakate für das Performancefestival der sophiensæle: „Berlin del Mar“. Am Alexanderplatz wird noch bis zum 3. Juli einer gewissen Ballermannstimmung gefrönt. Niemand geringeres als der neu kennen gelernte Ludwig Hirsch bietet dafür die passenden Abschlussworte: „Ich werd’ singen, ich werd’ lachen, ich werd’ ‚das gibt’s net’ schrei’n.“

Katrin Gottschalk

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